Reisetagebuch

Italien: Start ins toskanische Wochenende

Heute läuten wir das Wochenende ein bei unserem freiwilligen Arbeitseinsatz auf dem deutschen Soldatenfriedhof am italienischen Futa-Pass. Gestern sagte mein Kollege Alfons zu mir: „Es braucht schon immer so eine Woche, bis man raushat, wo die wirkliche Arbeit ist und man sich am wirkungsvollsten einbringen kann.“ Da gebe ich ihm vollkommen recht. Denn auch ich muss mir wie alle anderen bei den Arbeitseinsätzen immer meine Nische suchen, wo ich meine Fähigkeiten am besten einbringe. Heute fahre ich wohl wieder den ganzen Tag Traktor. Ich würde auch gerne mit der Motorsense Reihe für Reihe die Grabsteine freischneiden. Dabei habe ich mir nämlich immer meine Musikkopfhörer aufgesetzt und Musik gehört. Die Kopfhörer blenden den Lärm des Gerätes auch aus.

Die Hauptaufgabe beim Traktorfahren besteht darin, meinen Kameradinnen und Kameraden alles zu organisieren, was sie brauchen, um gut arbeiten zu können und dabei zufrieden zu sein. Manchmal sind es auch Kleinigkeiten, die ich am Anfang auch noch mit dem Traktor hin und her gefahren habe. Das finde ich aber albern, denn nach einer Woche sehe ich auch hier, dass die Traktorreifen Spuren auf dem Friedhof hinterlassen. Die Wegbegrenzung besteht aus großen Granitplatten, deren Oberfläche schichtweise durch die Witterung abplatzt. Das ständige Befahren rüttelt zusätzliche Teile der Platten lose.

Eine Flasche Cola soll ich nach unten zu der einen Maler-Kolonne fahren Auf dem Rückweg soll ich dann einen Spaten und eine Spitzhacke suchen und mitbringen. Bei den Sensenmännern verlangt ein Kollege nach kaltem Tee. Ich habe aufgegeben die Teekanne mit dem Traktor hinzufahren, denn dann ist nur noch die Hälfte drin und so klettere ich lieber über die Steinmauern auf die nächsthöhere Etage und bringe sie ihm zu Fuß. Die übrigen Freischneider mit ihren Motorsensen brauchen alle Wasser, haben aber ihre Flaschen unten vergessen, wo ich herkam. Ich bringe ihnen also neue, beschrifte sie mit einem Filzstift. Bei der nächsten Fahrt nach unten soll ich Sand holen zum Unterfüttern abgesackter Grabsteine, vergesse dann aber die Wasserflasche und muss den Traktor auf halber Strecke stehen lassen, laufe zurück und hole sie. Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben.

Heute ist Freitag und unser Camp-Leiter Detlef hat entschieden, dass wir deshalb nur einen halben Tag arbeiten und den Nachmittag der Sozialhygiene der Gruppe und der persönlichen Freizeit widmen. Um 14 Uhr setzen wir uns im Aufenthaltsraum zu einem Gespräch zusammen, bei dem jeder erzählen kann, was bislang gut und schlecht gelaufen ist. Das ist gut, denn Werner hat etwas auf dem Herzen und beklagt sich darüber, dass nur manche die anstrengende Arbeit mit den Freischneidern in der prallen Sonne ausüben und nicht abgelöst werden. Es würden sich doch wohl aber auch andere finden, die in der kommenden Woche hier unterstützen können. Ich beteilige mich an dem Gespräch nur dahingehend, dass ich anmerke, dass auch einige Stunden mit der Motorsense einen Beitrag leisten. Man müsse sich nicht immer einen ganzen Tag verpflichtet fühlen. Ich lehne mich hier aber nicht weiter aus dem Fenster, denn auch heute habe ich den Tag wieder auf dem Sitz des Traktors verbracht. Nach dem Abendessen könnte ich eigentlich sofort aufs Zimmer gehen und an meinem Reisebericht weiterschreiben. Doch als wir von der Osteria die wenigen Meter zurück zum Hotel laufen, ist der Abend so mild und die Gespräche so gut, dass wir noch mit einer Gruppe lange am Bus stehen und Dosenbier trinken. Ich verzichte zwar auf Letzteres, einfach mal zwanglos zusammenstehen und sich unabhängig von der Arbeit über Gott und die Welt zu unterhalten, tut trotzdem gut.

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Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.