Blick von Bellagio nach Norden
Blick von Bellagio nach Norden

Italien: Schöne Leichtigkeit

Im Kommunalhafen galt Anlegeverbot für „Nicht-Authorisierte“ wie uns. Doch ein Stück weiter am öffentlichen Strand unmittelbar vor der Riverside Snack Bar gab es einen vernünftigen Anlegesteg. Dort machten wir fest und liefen ein bei der Mittagshitze recht anstrengendes Stück bergauf um die Gartenanlage der Villa Melzi herum. Für acht Euro hätten wir auch durchspazieren können, aber ich legte mein Veto ein. Die prächtige Anlage der Villa Carlotta, durch die wir vor einigen Tagen flaniert waren, hatte meinen Bedarf an Gartenkunst für einige Zeit gedeckt. In meiner Zeit in Bangkok habe ich eine gewisse Fähigkeit erworben Touristen und besonders Touristinnen anhand von Äußerlichkeiten bestimmten Landsmannschaften zuzuordnen. Im beliebten Urlaubsziel Bellagio fand ich hierfür ausreichend Übungspersonen. Am einfachsten waren heute die Engländerinnen an ihren bonbonfarbenen Rüschenkleidern zu erkennen. Niemand sonst trägt in Urlaubsorten so etwas, wobei die Skala der Geschmacklosigkeiten bei den britischen Touristinnen in Bangkok noch ein ganzes Stück weiter nach unten reichte.
Auf der Piazza di Chiesa, dem kleinen Platz vor der Basilika St. Giacomo, saßen wir eine Weile vor einem Café und sahen uns die Leute an.
In der Kirche ist über dem Altar in der der katholischen Kirche eigenen Gewaltverherrlichung dargestellt, wie der Heilige Johannes den Hals schon unter dem Messer hat, auf dessen Rückseite gleich mit einem Holzhammer geschlagen wird.
Wieder am Tageslicht spazierten wir bis an die Spitze des Ortes Bellagio, dessen Name nicht nur gefällig klingt, sondern außerdem im Deutschen noch „Schöne Leichtigkeit“ bedeutet.
Schon war es vier Uhr nachmittags und ich drängte zum Rückweg. Nachmittags weht der Wind am Comer See meist aus Süden, was jedoch nicht bedeutet, dass man mit dem Boot auf Fahrt nach Norden angenehmer oder schneller vorankommt. Auch wir mussten uns heute auf der Heimfahrt dem Takt der Wellen anpassen, denn in Gleitfahrt tat es sonst zu heftige Schläge auf den Rumpf. Es dauerte einen Moment, bis mein Bruder die passende Geschwindigkeit gefunden hatte, dann ließen wir uns mit Wellen in Schlingerkurs nach Gera Lario treiben. Bis wir dort das Boot angelegt hatten und an Land waren, schlug es von den Kirchtürmen schon sieben Uhr.

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