Meine Rede in der Stadtverordnetenversammlung zur Videoüberwachung

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
verehrte Kolleginnen und Kollegen Stadtverordnete,
meine Damen und Herren an den Empfangsgeräten!

Videoüberwachung ist für uns GRÜNE ja traditionell ein Reizwort. Umso wichtiger finden wir es, diesen Themenkomplex dann auch mit einem klareren Blick zu betrachten. Zu dem Zweck waren mein Kollege Vielhauer und ich vor zwei Wochen beim Leiter des städtischen Referates für Datenschutz. Wir haben ihn aufgesucht, um viele Punkte, die wir in Bezug auf die Videoüberwachung kritisch sehen, anzusprechen und zu hinterfragen. Deswegen kommt es sehr gelegen, dass der Punkt heute auf der Tagesordnung steht, weil wir viele Dinge herausgefunden oder auch einfach nur besprochen haben, die oft zu Missverständnissen führen und auch zu vielen falschen Schlüssen. Einige Missverständnisse und falsche Schlüsse hat Martin Kliehm eben schon vorgetragen. Es ist gut, dass wir das heute einmal ausräumen können, und es hören vielleicht auch die Datenschützer Rhein-Main zu. Ansonsten kann man es ihnen vielleicht anders kommunizieren.

 

Wichtig ist ja, den Bereich Kameraüberwachung in zwei Bereiche zu unterteilen und diese auch getrennt voneinander zu betrachten. Der erste Bereich ist eine Videoeinrichtung von öffentlichen Stellen, in diesem Fall der Stadt Frankfurt. Wir haben Hinweise von unseren GRÜNEN-Mitgliedern bekommen. Die Datenschützer Rhein-Main - Herr Kliehm hat es eben angesprochen - haben eine lange und umfangreiche Liste von Kameras, die den öffentlichen Raum in der Innenstadt überwachen. Herr Kliehm hat auch Kameras angesprochen - ich komme gleich zu einer -, das war zum Beispiel die Verkehrsüberwachungskamera, die auf den Theatertunnel zeigt. Wir haben ungefähr 80 von diesen Kameras - die Zahlen sind immer unterschiedlich - im Stadtgebiet. Genau die haben wir beim Leiter des Referates Datenschutz angesprochen. Er hat uns gesagt, dass diese Kameras eben keine personenbeziehbaren Daten aufzeichnen, also keine Gesichter der Fahrerin oder des Fahrers, und auch keine Kennzeichen. Sie sind manuell so eingestellt, dass sie das nicht aufzeichnen. In dem Sinne sind es auch keine Videoüberwachungskameras, die als solche mit einem Schild gekennzeichnet werden müssen. Bei diesen Kameras geht es tatsächlich darum, die Verkehrslage zu erkennen: steht dort ein Auto oder stehen dort 100? Steht im Theatertunnel ein Auto, das brennt? Das ist ja wichtig zu wissen, wenn man hineinfährt.

Ein weiterer falscher Schluss, den die Datenschützer Rhein-Main ziehen, ist - das will ich ihnen gar nicht zum Vorwurf machen, weil man es tatsächlich falsch verstehen kann -, dass die Polizei die Möglichkeit hat, unter Mitteilung an den Datenschutzbeauftragten der Stadt Frankfurt auf zwei Minuten Bildmaterial dieser Überwachungskameras zuzugreifen. Aus dieser Möglichkeit ziehen die Datenschützer Rhein-Main den Schluss, dass dann wohl die Autokennzeichen zu erkennen sind, das sind sie aber nicht. Es geht einfach darum, beispielsweise bei einem Unfall den Hergang zu ermitteln, ob die Ampel Rot oder Grün war, wer ist von links gekommen und wer von rechts. Die Polizei hat die Kennzeichen von den Personen schon längst. Es geht dann einfach nur um die Ermittlung des Zusammenhangs. Das ist zum Beispiel ein Punkt.

Ein anderer Punkt ist - hier hat Martin Kliehm auch den falschen Schluss gezogen -, dass es kein Verfahrensverzeichnis gibt, weil in dem Bericht, um den es heute Abend geht, steht, dass es keine Liste mit den genauen Standortdaten gibt. Das haben wir beim Leiter des Referates Datenschutz angesprochen, und natürlich sind alle Kameras, die die städtischen Institutionen betreiben, lückenlos dokumentiert, aber nicht auf einer zentralen Liste, sondern pro Amt sind alle Datenschutzvorgänge hinterlegt. Es gibt einen Reiter, auf dem steht „Kameraüberwachung“, dort ist es zusammengefasst. Der neue Datenschutzbeauftragte - ich finde es gut, dass ich das an der Stelle erklären kann - hat sich das Thema Kameraüberwachung und Videoüberwachung und dies transparent darzustellen und zu überprüfen auf die Fahne geschrieben. Zurzeit wird eine Erhebung an allen städtischen Stellen durchgeführt, wo alle wichtigen Parameter bei der Zulassung von Überwachungskameras noch einmal geprüft werden. Im Übrigen wird das sowieso alle zwei Jahre getan. Von daher sind die Daten vergleichsweise aktuell. In dem Fall kommt die Stadt Frankfurt der Dokumentationspflicht auf jeden Fall nach. Wir sind beim Datenschutzbeauftragten mit der Bitte vorstellig geworden, vielleicht solch ein Verfahrensverzeichnis zu führen, aber wir können jetzt feststellen, dass es dieses Verfahrensverzeichnis längst gibt und künftig auch Listen mit Standorten. Bei uns heißt das jetzt allerdings „Videoregister“.

Der zweite Punkt, das ist der, den ich sehr viel kritischer sehe, ist der Bereich der privaten Überwachungskameras. Die Datenschützer Rhein-Main - ich hatte es bereits angesprochen - haben eine lange Liste von vielen Überwachungskameras im privaten Bereich geschickt. Bald jeder Friseursalon hat seine eigene Überwachungskamera, wobei überhaupt nicht geklärt ist, ob sie den öffentlichen Bereich filmt. Das tun sie leider viel zu oft. Wir haben auch erfahren, dass neulich eine Videodrohne über dem Zoo gekreist ist. Da konnte niemand zuordnen, wer die geführt hat. Das ist auf jeden Fall streng verboten, solche Dinger über Menschen fliegen zu lassen. Die Sache ist die, wir haben eben noch einmal die Kataloge gewälzt, diese Drohnen gibt es schon für 49,90 Euro. Auch vernünftige Webcams, die man außen anbringen kann, gibt es schon für unter 100 Euro. Das Problem ist, dass die Dinger heutzutage so gut funktionieren, dass auch Laien ohne großen Aufwand ins Internet streamen können. Das ist sicher problematisch. Die Frage ist, was kann man dagegen tun?

Es gibt zum Beispiel einen Ansatz, und zwar die Forderung nach einem Videokataster. Diesbezüglich haben wir dieselbe Position wie auch der Hessische Datenschutzbeauftragte, der sagt, es ist nicht zielführend, sondern unzuverlässig, weil es nie vervollständigt werden kann. Es gibt keine Zulassungspflicht für diese Kameras im privaten Bereich, und das ist auch gut so. Solange es keine Zulassungspflicht gibt, müssen Kameras im privaten Bereich nie gemeldet werden. Ein Videokataster, das unvollständig ist, finde ich persönlich sogar noch kritischer als gar kein Kataster, weil es eine falsche Sicherheit suggeriert, die es an dem Punkt gar nicht gibt. Damit es nicht falsch verstanden wird: Die meisten Menschen, die Kameras installieren, machen es nicht in böser Absicht, sondern aus Unkenntnis, was man darf und was man nicht darf. Ich fände es zum Beispiel gut - und das müssen wir einfach viel mehr kommunizieren, damit die Menschen das wissen -, dass auch unsere Ortsbeiräte durch regelmäßige Anträge dieses Thema in die Öffentlichkeit heben. Es hat ja in dem Fall keine Konsequenzen. Wenn jemand die Kamera falsch eingestellt hat, muss er sie nur auf die eigene Haustür drehen, und dann ist es schon wieder in Ordnung. Dass wir dadurch dem Hessischen Datenschutzbeauftragten, der in dem Fall die richtige Stelle ist, zuspielen und eine Transparenz und Öffentlichkeit erzeugen, und dass dann viele Leute, die diese Kameras falsch eingestellt haben und damit geltendes Recht verletzen, es dann einfach entsprechend anpassen, damit hat man der Sache mehr gedient, als wenn man großartige Kataster oder Zulassungspflichten fordern würde.

Ich danke Ihnen vielmals!

                              (Beifall)

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