Auf jeder meiner Reisen versuche ich mindestens sechs Personen eine Ansichtskarte alten Stils von unterwegs zu senden. Früher ein obligatorischer Bestandteil eines Urlaubes, ist das Kartenschreiben und -verschicken durch WhatsApp beinahe völlig aus der Mode gekommen. Doch beim Besuch der Stadt Como am gleichnamigen norditalienischen See wurden mir beim Kauf der Ansichtskarten Briefmarken angeboten, die die aus der Zeit gefallene Urlaubskarte ins 21. Jahrhundert mitnehmen wollen. Es sind keine offiziellen Postwertzeichen, sondern eine Eigenentwicklung des Global Postal Service (GPS). Mit ihnen soll man die Postkarte auf ihrem Weg zum Adressaten verfolgen können. Ein entsprechender QR-Code ist auf der Briefmarke vorgesehen. Allerdings muss die Postkarte dazu in die gelben Briefkästen von GPS eingeworfen werden. Im Laden versicherte mir die Verkäuferin, dass auch nach Einwurf in die roten Briefkästen der italienischen Post die mit GPS-Marken freigemachten Karten weiterbefördert würden. Man müsse dann lediglich auf die Nachverfolgungsfunktion verzichten. Allerdings sagt der private Postanbieter GPS auf seinen Umschlägen etwas anderes: Nicht in die roten Kästen einwerfen, nur in die gelben.
Heute begann der Tag mit einer Planänderung, denn mein Bruder wünschte sich den Besuch der Landspitze Bellagio, die die beiden Arme des Comer Sees trennt, malerisch bebaut ist und auf die Berge der Alpen blickt. Eigentlich wollte ich meine gestern begonnen amphibische Wanderung fortsetzen und mich in den Ort Calico mit dem Boot fahren lassen. Morgen soll der Wind stärker sein als heute, deswegen akzeptierte ich die Tatsache, dass heute nun einmal der beste Tag für diese Unternehmung war. Mit dem Boot fuhren wir fast zwei Stunden von Gera Lario nach Bellagio. Wir befürchteten, ähnlich wie in Como lange nach einem Anlegeplatz suchen zu müssen.
Gesagt, getan. Gestern hatte ich mir überlegt, wie ich auch möglichst viel von der Landseite des Comer Sees durchwandern könnte, ohne nach der Hälfte der mir zur Verfügung stehenden Zeit wieder umdrehen und zurücklaufen zu müssen. Die Lösung schien mir, bis zu einem bestimmten Punkt am Ufer entlang zu wandern und mich dann in einem Hafen von meinem Bruder mit dem Boot wieder abholen zu lassen.
Ich half ihm also das Boot von unserem Liegeplatz in Gera Lario loszumachen und wir fuhren gemeinsam an einen Steg nahe unserem Campingplatz. Dort ging ich von Bord und begann meine Wanderung im Uhrzeigersinn um den See. Zunächst folgte ich wieder dem Ostufer des Lago di Mezzola und der Mera, querte an der ersten Brücke auf die östliche Seite und lief pfeifend durch frisch gemähte, weitläufige Wiesen im Naturschutzgebiet.